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Dieses Projekt untersucht vergleichend zwei literarische Gruppierungen der Zwischenkriegszeit, deren Autoren sich zu Beginn ihrer schriftstellerischen und publizistischen Tätigkeit vielfach als Repräsentanten einer jungen Generation öffentlich verorten und stilisieren: Es handelt sich auf französischer Seite um sechs Autoren der sogenannten „Inquiétude“ (Michael Einfalt), deren Gruppenzusammenhang sich aus gemeinsamen Aktivitäten während der Studien- oder Militärzeit sowie gemeinsamen Publikationen in verschiedenen kleineren Literaturzeitschriften, hauptsächlich aber in den „Cahiers du mois“ (1924-1927) der Brüder André und François Berge, ergibt: Marcel Arland (1899), André Berge (1902), François Berge (1897), Maurice Betz (1898), René Crevel (1900), Daniel-Rops (1901).
Auf deutscher Seite soll die „Generationsgruppe Klaus Manns“ (Elke Nicolai) untersucht werden: Neben diesem (geb. 1906) gehören dazu Erich Ebermayer (1900), Willi Richard Fehse, Wolfgang Hellmert (beide 1906), Peter de Mendelssohn (1908), Herbert Schlüter (1906) und Wilhelm Emanuel Süskind (1901). Sie treten vorwiegend über Klaus Mann miteinander in Kontakt und sind an gemeinsamen Publikationen wie zwei „Anthologie[n] jüngster Lyrik“ (1927 und 1929), einer „Anthologie jüngster Prosa“(1928) und der Zeitschrift „Die jüngste Dichtung“ (1927) beteiligt.
Die genannten Autoren haben aufgrund ihres Alters den Ersten Weltkrieg als Kinder und Jugendliche erlebt, jedoch überwiegend nicht mehr aktiv an ihm teilgenommen. Diese gemeinsame generationelle Erfahrungsstruktur bildet den analytischen Rahmen eines Vergleichs, der durch systematische Einbeziehung und Untersuchung generationeller Selbstdeutungen die jeweiligen Geschichten der Gruppierungen kontrastiv vergleichend untersuchen wird. Dabei sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede in theoretischen Konzepten wie „Jugend“ und „Generation“, „Unruhe“, „Orientierungslosigkeit und „Suche“, „Ordnung“ und „Religion“ sowie in literarischen Entwürfen, die die Adoleszenzproblematik vor dem Hintergrund einer als exzeptionell verstandenen historischen Erfahrung zu gestalten versuchen, herauszuarbeiten.
Es soll so einem möglichen Zusammenhang zwischen generationeller Erfahrung und künstlerischer Produktion nachgegangen werden. Darüber hinaus liegt das Ziel dieses Vergleichs in der Eröffnung einer deutsch-französischen Perspektive auf das literarische Schaffen zweier literarischer Gruppierungen der Zwischenkriegszeit, die bisher wenig erforscht sind, obgleich sie das literarische Leben der Zeit für eine gewisse Dauer mitgeprägt haben. Schließlich wird dieses Projekt zentrale Funktionen des Generationsparadigmas für die genannten Autoren herausarbeiten: Neben dem Aspekt der kollektiven Deutung individueller Erfahrungen ist hier das strategische Potential des Generationskonzepts für die Positionierung der jungen Autoren im zeitgenössischen literarischen Feld in den Blick zu nehmen.