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Franka Maubach

Franka Maubach

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abstract Franka Maubach

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Die von Helmut Schelsky für die Bundesrepublik klassisch so bezeichnete „skeptische Generation“ zählt zu den politischen Generationen des 20. Jahrhunderts. In der Urform der Generationserzählung gelten die Jahrgänge, die den Krieg als letzte Soldaten, Flakhelfer und Hitlerjungen erlebt hatten, als „betrogene Generation“, als zu jung, um tatsächlich schuldig geworden zu sein. Jung indoktriniert, hätten sie die ideologische Überformung nach 1945 schnell wieder abtun können. Als generationelles Schlüsselerlebnis gelten das Kriegsende 1945 (weswegen auch gerne von den „45ern“ gesprochen wird), die plötzliche Einsicht in den Unrechtscharakter des NS-Regimes und der demokratische Handlungsauftrag, der sich daraus ergab. So habe sich die Generation an einen pragmatischen Wiederaufbau gemacht, zu Ideologien jedweder Couleur zeitlebens skeptische Distanz gehalten und gerade dadurch den Aufbau einer erfolgreichen bundesrepublikanischen Demokratie ermöglicht. Paradoxerweise macht also gerade die vermeintliche politische Enthaltsamkeit die Kohorte zu einer politischen Generation.

Es verwundert, dass die vorliegenden Befunde noch nicht systematisch vergleichend an die ostdeutsche Parallelgeneration („Aufbaugeneration“) gehalten wurden. Dabei kann der Blick auf die entsprechenden DDR-Jahrgänge die eingeschliffene Sichtweise produktiv irritieren und infrage stellen, verschrieben sich doch nach 1945 nicht wenige ihrer Vertreter zunächst dem neuen ideologischen System, das als radikale Alternative zum überstandenen Nationalsozialismus gewertet wurde. So verfügen die Jahrgänge, gesamtdeutsch betrachtet, über eine interessante und herausfordernde Doppelsozialisation: eine gemeinsame im Nationalsozialismus und eine auf den ersten Blick diametral entgegengesetzte in den beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften. In der geplanten Arbeit soll der Vegleich anhand eines ost-westdeutschen Samples einschlägiger Intellektueller unternommen werden. Der Fragefokus liegt dabei auf dem Verhältnis der Jahrgänge zur deutschen Vergangenheit und politischen Gegenwart und auf den unterschiedlichen oder ähnlichen „Denkstilen“ (Ludwik Fleck), die daraus resultierten. Es steht zu vermuten, dass sich unter der Oberfläche generationeller Selbststilisierungen vermutlich ganz unterschiedliche – und grenzüberschreitende – Typen einer Bezugnahme zum Politischen auffinden lassen.