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Till Manning

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Abstract Till Manning

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Ausgangspunkt für das Dissertationsprojekt sind zwei soziale bzw. kulturelle Ausprägungen, die für die bundesdeutsche Tourismusentwicklung in der Nachkriegszeit von maßgeblicher Bedeutung waren: Zum etablierte sich in dem Zeitraum vom Ende der 50er bis zum Beginn der 60er Jahre ein konsumorientierter und schichtübergreifender Massentourismus, der spätestens seit 1968 mehrheitlich ins Ausland führte. Dieser Massentourismus hat nicht nur den Gesellschaftsschichten die Teilhabe am Tourismus ermöglicht, die bislang aus ökonomischen Gründen noch nie oder nur selten in den Urlaub gefahren sind.

Das massenhafte touristische Reisen hat sich auch in seiner praktischen Ausgestaltung gegenüber bisher gängigen Reiseidealen auf stilistischer Ebene abgesetzt. Zum anderen avancierte Italien in den 50er Jahren in der zeitgenössischen Wahrnehmung zum bedeutendsten Reiseland für bundesrepublikanische Urlauber. Traditionelle Sehnsuchtsvorstellung mischten sich mit medial vermittelten Bildern von südländischer Lebensart und touristischer Freizügigkeit in einer Zeit, in der die sich herausbildenden Konsumgesellschaft die Urlaubsreise auch real immer weiter in den Bereich des Erfahrbaren rückte. Das individuelle und soziale Bedürfnis nach einem Urlaub ist dabei jedoch zweifelsohne bereits vor dem Krieg angelegt worden. Der Italienurlaub wurde so zur zentralen Chiffre des bundesdeutschen Massentourismus.

Diese einmalige historische Konvergenz der beiden Phänomene (Massentourismus und Italienbegeisterung), die nach Reinhart Koselleck als „generationsspezifische Erfahrungsfrist“ verstanden wird, soll im Rahmen des Dissertationsprojekts nach seinen soziokulturellen Implikationen untersucht werden. Ausgehend von der Frage nach der inhaltlichen Ausgestaltung des Massentourismus wird die spezifische Bedeutung des Reiseziels Italien bei der Herausbildung eines massentouristischen Reise- bzw. Urlaubsstils analysiert. Diese nach Italien reisenden Massentouristen bildeten - so die grundlegende These der Arbeit - situationsbezogen auf die tatsächlich durchgeführte Urlaubsreise bzw. der mediale Vorstellung darüber eine temporäre soziokulturelle Gruppe. Hinsichtlich ihres Urlaubsstils und der praktischen Ausgestaltung des Ferienaufenthalts lässt sich diese Gruppe abgrenzen gegenüber einerseits den reisespezifischen Paradigmen einer ehemals touristischen Elite aus Bürgertum und Aristokratie, sowie andererseits den politisch bzw. ideologischen Prämissen des Sozialtourismus vor allem der Zwischenkriegszeit.

Die somit beschriebenen Urlauber lassen sich in einer „Stilgeneration“ (Robert Musil) zusammenfassen, deren gemeinsame Merkmale im Reisestil sich erstmals medial wirkmächtig während der Italienreise ausgebildet haben. Weniger die Alterskohortenzugehörigkeit als vielmehr die Affinität gegenüber dem Italienurlaub, der somit zum Generationenobjekt wurde, ist dabei generationsstiftend. Diese Stilgeneration wird daher als Italiengeneration bezeichnet, deren stilistische Merkmale und Praktiken es im Rahmen der Dissertation herauszuarbeiten und in den jeweiligen historischen Ursprungskontext der Geschichte der Bundesrepublik und der Tourismusgeschichte zu stellen gilt.