logo

 

Lars Klein

Lars Klein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abstract Lars Klein

english version

Im Mittelpunkt dieses Projektes stehen nicht Medienpolitik, Propaganda oder Rezeption von Kriegsberichterstattung. Vielmehr fragt dieses Projekt nach der Bedeutung des journalistischen Selbstbildes für die Berichterstattung vom Vietnamkrieg bis zum Krieg im Irak 2003. Bei der Untersuchung von Ausbildung und Veränderung des Selbstverständnisses soll besonders der Bezug auf Reporter früherer Generationen beachtet werden.

Dabei ist es die Ausgangsthese dieses Vorhabens, dass sich speziell mit dem Krieg in Vietnam bei den Journalisten Rollenverständnisse und Grundsätze ausgebildet haben, durch welche die Vietnamkriegsgeneration nicht nur die Kriegsberichterstatter der 1980er, sondern auch der heutigen Zeit geprägt hat. Jede Generation der Kriegsberichterstatter hat andere Erfahrungen in den verschiedenen Krisenregionen gemacht. Hauptaufgabe dieser Arbeit ist es demnach, über die Jahrzehnte zu verfolgen, in welcher Form die Erfahrungen Vietnams ins journalistische Selbstverständnis eingeschrieben sind und wie sie sich auf nachfolgende Generationen von Kriegsberichterstattern auswirkten. Welcher Generation sich Journalisten zurechneten, war dabei keine Frage des Alters oder des Umfeldes. Entscheidend ist, welchen Krieg die Berichterstatter als den für sich wesentlichen erfahren haben.

Für Berichterstatter wie David Halberstam, Peter Arnett oder Horst Faas war der Krieg in Vietnam „the indelible experience“. Die Generation der frühen Vietnamkriegs-Korrespondenten lieferte die Texte und Fotos aus Vietnam, in welchen die Arbeit am Kriegsschauplatz als aufregende, einmalige und unwiederbringliche Erfahrung präsentiert wird. Bis heute bestimmen sie das Bild des Krieges und damit ein Vorbild für nachfolgende Kriegsberichterstatter.
Mit dem Vietnamkrieg setzte sich zudem die folgenreiche Vorstellung durch, die Medien hätten den Rückhalt für den Krieg schwinden lassen. Einerseits unterstreicht dies die Bedeutung der Medien, andererseits werden die Kriegsberichterstatter für ein in den USA kollektives Trauma verantwortlich gemacht. Während die Korrespondenten um David Halberstam diese Verantwortung immer ablehnten, scheinen jüngere Journalisten die „Mitschuld“ der Medien am Verlust des Vietnamkrieges viel eher anzunehmen und den Vorgängern wie Vorbildern hoch anzurechnen, weil sie die Bedeutung der Medien unterstreicht.

Gerade vor dem Hintergrund der vermeintlichen Macht der Medien aber hat die jüngere Generation um Roy Gutman und David Rieff ihr Engagement im Bosnien-Krieg als „Versagen der Journalisten“ erlebt. Die Einsicht, dass die Medien weder in diesem Fall noch in Somalia oder Ruanda für ein Eingreifen sorgen konnten, verdeutlichte die Machtlosigkeit der Journalisten. Somit scheint seit Vietnam in der Selbstwahrnehmung der Kriegsberichterstatter nichts mehr zu sein wie bisher: Sie konnten seither weder jemals so frei berichten noch so großen Einfluss ausüben.