Seit den 1980er Jahren wird zunehmend die Vorstellung diskutiert, dass sich in modernen Wohlfahrtsstaaten seit Ende des zweiten Weltkrieges distinkte Generationen herausgebildet hätten. Diese seien durch sozialpolitische Maßnahmen geprägt worden, wobei eine sich verschiebende Gewichtung von wohlfahrtsstaatlichen Leistungen und Beiträgen zur Herausbildung von Gewinner- und Verlierergenerationen führte. Das vorliegende Projekt soll am Beispiel der Rentenversicherung klären, inwieweit Wohlfahrtsstaaten tatsächlich Generationen prägen. Aus soziologischer und sozialhistorischer Perspektive erscheint die Konzentration auf rein finanzielle Aspekte für die Beantwortung der Frage als unzureichend. Daher untersucht das Projekt das unterschiedliche Erleben von sozialer Sicherheit als Indikator für die generationenspezifische Prägung verschiedener Geburtskohorten. Es wird zunächst die historische Entwicklung der Rentenversicherung in Deutschland seit der Rentenreform von 1957 rekonstruiert, die traditionell vor allem auf die Sicherheit des Lebensstandards für spezifische soziale Gruppen abzielte. Dies wird mit der Evolution anderer Alterssicherungssysteme kontrastiert, die davon unterscheidbare Konzeptionen sozialer Sicherheit beinhalten (Universalsicherung, Mindestsicherung). Bilden sich durch unterschiedliche sozialpolitische Maßnahmen im Hinblick auf das Erleben sozialer Sicherheit unterschiedliche Generationenlagerungen heraus? Sind diese Einflüsse prägender als andere Kategorien sozialer Ungleichheit (etwa Bildung, Einkommen, Geschlecht)? Dies soll anhand transnationaler Umfragedaten über die Einstellung zur Sozialversicherung als Programm sozialer Sicherheit untersucht werden.
Die Idee einer Generationenprägung durch die Rentenversicherung ist in den letzten Dekaden immer wieder Gegenstand medialer Debatten gewesen. Besonders im Zuge der wirtschaftlichen Krisen der 1970er Jahre sowie der öffentlich kommunizierten Gefahr durch den demographischen Wandel zur selben Zeit sind Wohlfahrtsgenerationen zum öffentlichen Diskursphänomen geworden. Häufig wird zum Beispiel auf die Idee einer „Generationengerechtigkeit“ Bezug genommen, um Leistungskürzungen in der Rentenversicherung zu legitimieren. Um der Frage nachzugehen, inwiefern sich die öffentlichen Deutungsbezüge der Konzepte „Generation“, „Rente“ und „soziale Sicherheit“ seit den Nachkriegsjahren geändert haben, schließt das Projekt eine Medienanalyse des historischen Verlaufs der Debatte ein.